Talahon: TikTok-Trend oder Nährboden für rechte Hetze und Alltagsrassismus?
Der virale TikTok-Trend ‚Talahon‘ fördert rassistische Stereotype und rechte Hetze – doch was steckt hinter dem Begriff?
Der virale TikTok-Trend ‚Talahon‘ fördert rassistische Stereotype und rechte Hetze – doch was steckt hinter dem Begriff?
In den sozialen Netzwerken taucht immer häufiger ein neuer Begriff auf: Talahon. Auf TikTok und anderen Plattformen hat sich dieser Ausdruck zu einem viralen Phänomen entwickelt. Doch was steckt hinter dem Begriff Talahon und warum spielt das Aufkommen dieser Bezeichnung vor allem rechten Parteien in die Karten?
Der neu geprägte Begriff beschreibt junge, nicht weiß gelesene, Männer & Jugendliche, die einen bestimmten Kleidungsstil anhaben, wie Gucci-Cap, Bauchtasche, Fußballtrikots und dicke Halsketten. Diese sogenannten Talahons halten sich überwiegend in Gruppen auf öffentlichen Plätzen in Großstädten auf.
Der Begriff stammt wahrscheinlich aus dem Arabischen und bedeutet übersetzt so viel wie “Komm her”. Bekannt wurde der Ausdruck durch den Song „Ta3al Lahon“ des Deutsch-Rappers Hassan, der auch für die auf TikTok und anderen Plattformen kursierenden Videos verwendet wird.
So wird der Begriff aktuell vor allem in den sozialen Medien verwendet, um die oben beschriebenen Gruppen von jungen Männern und Jugendlichen zu beschreiben und zu kategorisieren.
@araberseitenscheitel47 talahons outifts in bremen #fyp #foryou #tiktok #fürdich #viralvideo #talahon ♬ TA3AL LAHON - HASSAN
Wenn man bei TikTok Talahon in das Suchfeld eingibt, findet man zahlreiche Videos: Von Schattenbox-Videos über Talahon Starterpacks bis hin zu Styleguides. Während einige Videos noch als ironsiche Selbstinszenierung aufgebaut sind, in denen zum typischen Talahon-Sound gestikuliert oder Schattenboxen geübt wird, finden sich auch durchaus problematische Inhalte. Kurze Videosnippets aus Interview-Sequenzen befeuern beispielsweise ein antiquiertes Frauenbild mit Aussagen wie “Sie muss Hausfrau sein”. Andere Videos zeigen auch eine gewisse Gewaltbereitschaft und aggressives Verhalten bei den gezeigten Talahons, die auf den Boden spucken oder bereit für Auseinandersetzungen sind. Der gesamte Trend wird daher kritisch beobachtet, damit sich die Bezeichnung Talahon nicht zu einem negativen Symbolbegriff entwickelt.
Neben den kritischen Inhalten befeuert der Trend aber auch Narrative von politischen Parteien, die mit dem Feindbild “gewaltbereite Ausländer” ihre Wählerstimmen kassieren. So stellt der TikTok-Trend vor allem einen sehr fruchtbaren Nährboden für rechte Hetze dar, der durch Alltagsrassismus, der vermeintlich hinter vorgehaltener Hand kichern lässt, noch weiter befeuert wird.
Da sich der Begriff Talahon im Grunde genommen selbst gebildet und definiert hat, bietet er auch großen Interpretationsspielraum und Platz für Kontextualisierung. Es gibt keine festgelegten Kriterien, ab wann eine Person als Talahon bezeichnet werden kann.
So stellt sich die Frage, ob der Begriff, der übersetzt so viel wie “Komm her” bedeutet, grundlegend rassistisch ist. Rechtsanwalt Christian Solmecke hat sich ebenfalls mit der Frage beschäftigt und stellt fest, dass es, auch hier, auf den Kontext ankommt – bezieht sich der Begriff nur auf ein Verhalten und einen Kleidungsstil oder wird auch der Migrationshintergrund angeführt, um eine gewisse Gruppe zu diskriminieren oder abzuwerten? Wie bei vielen Begriffen ohne festgelegte Definition lässt sich Talahon natürlich auch für unterschiedliche Zwecke nutzen und verwässert durch unterschiedliche Verwendungen in den sozialen Netzwerken – so wird der Begriff nicht nur als Feindbild und Empfänger von Hetze aus der rechten Ecke genutzt, sondern auch von bekannten Unternehmen mittlerweile als Marketinginhalt auf TikTok genutzt.
Doch bei all den Kommentaren, die im Netz kursieren, stellt sich jetzt schon die Frage, ob der Begriff das K-Wort in Zukunft ablösen wird – unter diese Leitfrage hat Lehrerin Gina Waibel (@frau_waibel)auch ihren Instagram-Beitrag gestellt, der die Problematiken des Trends noch einmal aufgreift. Insbesondere, inwiefern der Trend Nährboden für rechte Hetze darstellt. Auch @frau.haa auf Instagram zeigt auf, wieso vermeintlich lustige Memes und Videos so problematisch sein können.
Ein Blick auf die Kommentare unter Talahon-Videos zeigt viele rassistische, ausländerfeindliche Kommentare und dazu passende blaue Herzen, passend zur blauen Partei, die auch aufgrund ihrer Aktivitäten in den sozialen Netzwerken bei der Europawahl bei der jungen Zielgruppe sehr gut abschnitt.
Der Talahon-Trend fördert aktuell Alltagsrassismus, indem er eine Pauschalisierung von nicht weißen Jugendlichen mit einem bestimmten Kleidungsstil begünstigt. Die Kategorisierung führt dazu, dass man diese Personen in eine Schublade steckt und ihnen bestimmte Attribute zuschreibt: Gewaltbereit, nicht integriert und eher damit beschäftigt, auf den Boden zu spucken als zu arbeiten. Solche Stereotypen sind absolut fatal und kommen vor allem rechten Gruppierungen zugute, die sie für ihre Begründungen nutzen – und zwar unabhängig davon, ob die Videos eine selbstironische Darstellung zeigen oder ernsthaft besorgniserregend sind.
Mittlerweile sind auch einige Unternehmen auf den Trendzug aufgesprungen und machen sich den Talahon-Trend zu eigen. Während einige noch harmlos unterwegs sind und durch Kurzvideos im Bereich Social Recruiting auf sich aufmerksam machen, gibt es auch Beispiele, die gemischte Reaktion hervorrufen. Eine große Drogerie-Kette stellt in einem TikTok-Video fünf „Talahon Abwehr Düfte“ vor, auf Platz 1 kein Duft, sondern Insektenschutzspray. Ebenso plakatiert eine Eisdiele an der Eingangstür ein Schild, auf dem Talahons ausgeladen werden. Als Reaktion auf den Shitstorm kam später ein Beitrag mit “Es war doch nur ein Spaß. Bei uns sind alle willkommen.” Über solche Aktionen sollten wir nicht lachen, auch nicht hinter vorgehaltener Hand, sondern keine Personengruppen aufgrund äußerer Merkmale ausschließen – unabhängig davon, ob man durch den Trend gerade mehr Reichweite, Likes oder Verkäufe erzielt.
Du siehst, der Talahon-Trend ist aktuell in zweifacher Hinsicht besorgniserregend. Achte in deinem Klassenzimmer darauf, ob der Begriff verwendet wird und vor allem in welchem Zusammenhang. Der Begriff an sich ist noch sehr neu und wird von deinen Schüler*innen vielleicht auch nicht direkt als negativ konnotiert wahrgenommen. Dennoch solltest du aufmerksam damit umgehen – denn einen solchen Begriff negativ zu verwenden, geht sehr schnell.
Der Talahon-Trend zeigt, wie sich alltäglicher Rassismus sich in vermeintlich harmlosen Online-Trends verbergen können. Es liegt an uns allen, diese kritisch zu hinterfragen, gegen Stereotype anzukämpfen und eine inklusive und respektvolle Online-Kultur zu fördern.
Transparenzhinweis: Dieser Text wurde mit Hilfe der fobizz KI-Tools erstellt.