Erfahre im Interview mit Medienpädagogin Kim Beck, warum es wichtig ist, das Phänomen der Influencer*innen zu verstehen und wie dieses Wissen genutzt werden kann, um den Unterricht zu bereichern und Jugendliche zu motivieren.
30. Mai 2024
Warum ist es wichtig, dass Lehrkräfte das Phänomen der Influencer*innen verstehen und wie kann dieses Wissen den Unterricht bereichern?
Kim Beck: Influencer*innen spielen eine zentrale Rolle im digitalen Alltag von Jugendlichen. Sie sind Vorbilder und Figuren, an denen sich junge Menschen orientieren und ihnen großes Vertrauen gegenüber bringen. Wer mit jungen Menschen arbeitet, sollte über diese Personen als Einflussfaktor Bescheid wissen. Durch Wissen über Influencer*innen und deren Einsatz im Unterricht, kann man Lebensweltbezug herstellen, junge Menschen dort abholen, wo sie stehen und sie natürlich auch motivieren.
„Durch Wissen über Influencer*innen und deren Einsatz im Unterricht, kann man Lebensweltbezug herstellen, junge Menschen dort abholen, wo sie stehen und sie natürlich auch motivieren.“
Wie hat sich die Wahrnehmung und Funktion von Vorbildern aus deiner Sicht im Laufe der digitalen Ära verändert?
Kim Beck: Mediale Vorbilder sind nichts Neues – doch ob Winnetou, Britney Spears, die Boybands der 90er Jahre oder Schauspieler*innen wie Leonardo DiCaprio, Vorbilder aus der Prä-Smartphone-Zeit haben eine Gemeinsamkeit: Sie waren Erwachsenen einfacher zugänglich. Zum Beispiel, weil ihre Musik im Radio lief, ihre Filme im Fernseher liefen oder sie in klassischen Medien immer wieder diskutiert wurden. Erwachsene wussten dementsprechend über die Personen Bescheid, die Kinder und Jugendliche aktuell begeisterten. Influencer*innen finden hingegen auf Plattformen statt, die vielen Erwachsenen weniger zugänglich sind. Trotz der riesigen Reichweiten von mehreren Millionen Menschen kennen Erwachsene diese Medienpersönlichkeiten häufig gar nicht. Das kann aber fatal sein: Denn die Nähe, die Influencer*innen auf Social-Media zu ihren Fans herstellen können, ermöglicht Ihnen einen besonderen Einfluss zu haben und dieser ist leider nicht immer positiv.
Kim Beck ist Medienpädagogin und zusammen mit Natascha Könches regelmäßig im Medienkompetenz-Podcast medially zu hören. Sie arbeitet in der medienpädagogischen Praxis intensiv mit Kindern, Jugendlichen sowie Fachkräften und Eltern zusammen. Kim Beck konzipiert außerdem Unterrichtsmaterialien, mit denen Lehrkräfte aktuelle mediale Phänomene rund um das Internet, Smartphones und Apps in der Schule thematisieren können. Mehr dazu findest du auf ihrer Homepage.
Welche Risiken und Chancen siehst du in der Beziehung zwischen Jugendlichen und ihren Online-Vorbildern?
Kim Beck: Zentrale Risiken sind der häufig negative Einfluss auf das eigene Körperbild junger Menschen, die sich natürlich mit ihren medialen Vorbildern vergleichen, aber auch die Zementierung von Geschlechterstereotypen und die Beeinflussung von Kaufentscheidungen. In letzter Zeit finden wir zudem vermehrt populistische und problematische Inhalte auf Plattformen wie TikTok und Instagram – wenn Jugendliche diese Inhalte unkritisch konsumieren, gefährdet das die Demokratie.
Auf der anderen Seite sehe ich viele Chancen, die es zu nutzen gilt. Influencer*innen können Jugendliche inspirieren und ihnen Einblicke in Lebenswelten geben, die ihnen sonst nicht zugänglich sind. Sie können zum Beispiel dabei helfen neue Hobbys zu entdecken oder zu verstehen, wie sich Schwarze Menschen fühlen, wenn ihnen ständig in die Haare gefasst wird. Nicht zu vergessen ist außerdem, dass die Vielfalt beispielsweise in Bezug auf Schönheitsideale, Lebens- und Beziehungsmodelle und die Repräsentation von marginalisierten Gruppen auf Social-Media immer noch viel höher ist, als in klassischen Medien.
Welchen persönlichen Bezug hast du zum Thema Influencer*innen und mediale Vorbilder und wie wirkt sich das auf deine Arbeit mit Jugendlich aus?
Kim Beck:Mich fasziniert das Thema Influencer*innen schon sehr lange und ich liebe es, in meiner Arbeit Kindern und Jugendlichen dabei zuzuhören, wen sie gerne schauen und warum. Das gibt nämlich viel Aufschluss darüber, was junge Menschen gerade beschäftigt. Ich schaue mir dann auch gerne Influencer*innen gemeinsam an und lasse mir Zusammenhänge erklären. Auch Zuhause lässt mich das natürlich nicht los, so ist die Welt der Influencer*innen mittlerweile wirklich ein wichtiger Teil meiner Arbeit geworden. Neben dem Spaß dabei bringt es natürlich noch einen weiteren Vorteil: Wer aktuelle Trends, Sprüche oder nur die Namen bestimmter Influencer*innen kennt und anspricht, hat ganz schnell ein mucksmäuschenstilles Klassenzimmer vor sich, denn das überrascht.
Wie können Lehrkräfte kritische Medienkompetenz fördern, wenn es um den Umgang mit Influencer*innen geht?
Kim Beck:Influencer*innen eignen sich zur Förderung aller Dimensionen von Medienkompetenz. Ich kann an ihrem Beispiel lernen, wie Algorithmen funktionieren und wie sie sich auf mich als Nutzende auswirken. Ich kann Medienrealität als solche (in Abgrenzung zur Realität) erkennen und Medienkritikfähigkeit fördern, wenn ich über Influencer*innen-Werbung spreche und mir anschaue, welche Inhalte Influencer*innen teilen und welche eben bewusst auch nicht. Das Thema Hass und Hetze online lässt sich auch sehr leicht am Beispiel der Online-Persönlichkeiten aufzeigen. Aber auch abstraktere Themen wie eigene Werte kann.
Online-Fortbildung:
Influencer*innen – Mediale Vorbilder Jugendlicher verstehen und im Unterricht einsetzen
In dieser Fortbildung geht es darum, das entwicklungsbedingte Bedürfnis nach Vorbildern zu verstehen und einen Einblick in die digitale Lebenswelt der Schüler*innen zu erhalten. Dabei werden Online-Vorbilder auf verschiedenen Plattformen vorgestellt und die Chancen, die Influencer*innen für die Unterrichtsgestaltung bieten, benannt.
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