Welche Risiken und Chancen siehst du in der Beziehung zwischen Jugendlichen und ihren Online-Vorbildern?
Kim Beck: Zentrale Risiken sind der häufig negative Einfluss auf das eigene Körperbild junger Menschen, die sich natürlich mit ihren medialen Vorbildern vergleichen, aber auch die Zementierung von Geschlechterstereotypen und die Beeinflussung von Kaufentscheidungen. In letzter Zeit finden wir zudem vermehrt populistische und problematische Inhalte auf Plattformen wie TikTok und Instagram – wenn Jugendliche diese Inhalte unkritisch konsumieren, gefährdet das die Demokratie.
Auf der anderen Seite sehe ich viele Chancen, die es zu nutzen gilt. Influencer*innen können Jugendliche inspirieren und ihnen Einblicke in Lebenswelten geben, die ihnen sonst nicht zugänglich sind. Sie können zum Beispiel dabei helfen neue Hobbys zu entdecken oder zu verstehen, wie sich Schwarze Menschen fühlen, wenn ihnen ständig in die Haare gefasst wird. Nicht zu vergessen ist außerdem, dass die Vielfalt beispielsweise in Bezug auf Schönheitsideale, Lebens- und Beziehungsmodelle und die Repräsentation von marginalisierten Gruppen auf Social-Media immer noch viel höher ist, als in klassischen Medien.
Welchen persönlichen Bezug hast du zum Thema Influencer*innen und mediale Vorbilder und wie wirkt sich das auf deine Arbeit mit Jugendlich aus?
Kim Beck: Mich fasziniert das Thema Influencer*innen schon sehr lange und ich liebe es, in meiner Arbeit Kindern und Jugendlichen dabei zuzuhören, wen sie gerne schauen und warum. Das gibt nämlich viel Aufschluss darüber, was junge Menschen gerade beschäftigt. Ich schaue mir dann auch gerne Influencer*innen gemeinsam an und lasse mir Zusammenhänge erklären. Auch Zuhause lässt mich das natürlich nicht los, so ist die Welt der Influencer*innen mittlerweile wirklich ein wichtiger Teil meiner Arbeit geworden. Neben dem Spaß dabei bringt es natürlich noch einen weiteren Vorteil: Wer aktuelle Trends, Sprüche oder nur die Namen bestimmter Influencer*innen kennt und anspricht, hat ganz schnell ein mucksmäuschenstilles Klassenzimmer vor sich, denn das überrascht.
Wie können Lehrkräfte kritische Medienkompetenz fördern, wenn es um den Umgang mit Influencer*innen geht?
Kim Beck: Influencer*innen eignen sich zur Förderung aller Dimensionen von Medienkompetenz. Ich kann an ihrem Beispiel lernen, wie Algorithmen funktionieren und wie sie sich auf mich als Nutzende auswirken. Ich kann Medienrealität als solche (in Abgrenzung zur Realität) erkennen und Medienkritikfähigkeit fördern, wenn ich über Influencer*innen-Werbung spreche und mir anschaue, welche Inhalte Influencer*innen teilen und welche eben bewusst auch nicht. Das Thema Hass und Hetze online lässt sich auch sehr leicht am Beispiel der Online-Persönlichkeiten aufzeigen. Aber auch abstraktere Themen wie eigene Werte kann.