Lehrerfortbildungen in Zeiten von Corona
Der Ausbruch des Coronavirus hat den Schulalltag grundlegend verändert. Statt Präsenzlehre steht vor allem Homeschooling auf dem Plan – und auch Fortbildungen für Lehrkräfte können nicht wie gewohnt stattfinden. Wie bilden sich Lehrkräfte in Zeiten wie diesen fort? Welche Angebote gibt es?
Der Bedarf und die Nachfrage nach Fortbildungsmöglichkeiten zum Thema digitales Lernen ist durch die Coronavirus-Pandemie enorm gestiegen. Die meisten staatlichen Weiterbildungsanbieter hatten bisher zu großen Teilen auf Präsenzveranstaltungen gesetzt – und müssen nun umdenken und -planen.
“Online ist jetzt angesagt!”, sagt Dr. Rolf Hanisch. Der Vorsitzende des Deutschen Vereins zur Förderung der Lehrerinnen- und Lehrerfortbildung (DVLfB) setzt sich schon lange für bessere Fortbildungsbedingungen für Lehrkräfte ein. Die Corona-Krise legt laut Hanisch vor allem offen, dass auch an der digitalen Kompetenz von Lehrkräften gearbeitet werden muss. Die meisten Schulen hätten aber schnell auf die Situation reagiert und die Lehrkräfte sich vor allem gegenseitig geholfen – auch viele Schüler*innen hätten sich aktiv eingebracht, um den Schulbetrieb digital am Laufen zu halten.
“Die Bildungseffekte der aktuellen Lage sind sehr hoch. Die Lehrkräfte machen in der Regel positive Erfahrungen”, so Hanisch. Dennoch sei es an der Zeit, in der Fortbildung von Lehrkräften generell umzudenken: “Online-Fortbildungen sollten auch nach der Corona-Krise beibehalten werden.” Sein Verband setzt sich für einen Mix aus Online- und Präsenzfortbildungen für Lehrkräfte ein.
Anbieter von Online-Fortbildungen
Das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung in Hamburg hat auf die Pandemie und die damit verbundene Schulsituation zum Beispiel recht schnell reagiert. Es bietet über 200 Online-Fortbildungen für Lehrkräfte an und führt mit Schulleitungen und Lehrkräften in Videokonferenzen Beratungsgespräche zur Gestaltung des Fernunterrichts, zur Bewältigung von Krisen und zur Prävention durch. Bis zu den Sommerferien bereitet das Institut etwa 200 weitere digitale Fortbildungen vor.
Neben den Instituten der Länder gibt es auch von weiteren Trägern Webinare, durch die sich Lehrkräfte austauschen und weiterbilden können. Der Verband Bildungsmedien aktualisiert zum Beispiel fortlaufend eine Liste mit kostenlosem Material und Webinaren für das digitale Lehren und Lernen von zu Hause.
Auch auf der digitalen Weiterbildungsplattform fobizz.com haben sich seit der Corona-bedingten Schulsituation seit Mitte März über 15.000 Lehrkräfte mit Hilfe zahlreicher Online-Fortbildungen zum virtuellen Unterrichten fortgebildet. Besonders beliebt: die Fortbildung „Digital unterrichten: Das virtuelle Klassenzimmer“.
Für Erzieherinnen und Erzieher sowie Lehrkräfte für das Grundschullehramt stellt die gemeinnützige Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ Online-Fortbildungen bereit. Ein besonderer Fokus liegt hier auf den MINT-Fächern, aber es gibt auch Fortbildungen zu “Philosophieren mit Kindern” oder “Digitale Lernspiele in der Grundschule”.
Die Digitalexpertin Verena Pausder hat ebenfalls eine Liste von kostenlosen digitalen Tools und Fortbildungen erstellt, die das Homeschooling und -teaching erleichtern können.
Digitalkompetenz von Lehrkräften stärken
„Wichtig ist jetzt, dass die digitalen Kompetenzen aller Lehrkräfte gestärkt werden und niemand abgehängt wird“, sagt Matthias Kostrzewa von „digiLL“. Der Universitätsverbund hinter dem Projekt fokussiert sich mit den kostenfreien Fortbildungen vor allem auf das Thema Medienkompetenz – beispielsweise mit dem Webinar “Lehr-Lernprozesse mit digitalen Medien gestalten”. Das Projekt richtet sich vornehmlich an Lehramt-Studierende und soll deren digitale Kompetenz fördern. Das Angebot werde seit der Corona-Krise aber auch stark von aktiven Lehrkräften genutzt, so Kostrzewa. Um Ostern herum sei der Traffic drei- bis fünfmal so hoch wie zuvor gewesen. Auch Kostrzewa sieht die Zukunft in digitalen Fortbildungen: „Wir sollten das Beste aus beiden Welten kombinieren – der digitalen und der analogen.“
Auch Fobizz hat auf die aktuelle Situation reagiert: Mit dem SchiLf-Angebot bekommt das ganze Kollegium einen Tag lang kostenfreien Zugriff auf alle Online-Fortbildungen. Bereits geplante pädagogische Tage müssen also nicht ausfallen, sondern können digital stattfinden. Alle Lehrkräfte können sich dadurch zum Thema digitaler Unterricht, Fernunterricht und Einsatz digitaler Medien im Unterricht weiterbilden.
Bei all den Angeboten im Internet ist es gar nicht so leicht, den Überblick zu behalten. Der Lehrer Sebastian Staack sammelt deshalb auf dem Organisationstool “Trello” Online-Seminare für Lehrkräfte. In seinem “Webinar-Radar” finden sich Fortbildungen unterschiedlicher Anbieter – geordnet nach Unterrichtsfach und Schulform. Die Seminare reichen von “Digitales Sprechtraining im Englischunterricht” über “Genome Editing” in den Naturwissenschaften zu “Geographie und Abenteuer. Die Sofa-Exkursionen”.
Flexibel, digital und im eigenen Tempo: Fortbildung von zu Hause
Neben all der Einschränkungen und Herausforderungen, die die aktuelle Pandemie für Lehrkräfte mit sich bringt, werden aber auch die Vorteile von Online-Fortbildungen deutlich. Ein Fobizz-Nutzer aus Köln lobt vor allem die Möglichkeit, “die Fortbildung im eigenen Tempo und auch mit Unterbrechungen durchzuführen, wenn beispielsweise die kleine Tochter Aufmerksamkeit haben will.” Außerdem könne man Online-Fortbildungen auch abbrechen, wenn man merkt, dass sie nicht den Vorstellungen entsprechen.
Eine andere Nutzerin sieht in der aktuellen Krise vor allem eine Chance für die Lehrkräftebildung. Die Lehrerwelt habe den Auftrag, “sich digital weiterzubilden, damit wir den Unterricht nach und nach verändern können und den digitalen Bildungsauftrag auch umsetzen können.”
In Anbetracht der andauernden Corona-Einschränkungen geht auch Dr. Rolf Hanisch vom DVLfB davon aus, dass das kommende Schuljahr von Distanzlehre geprägt sein wird. Hanisch rät seinen Kolleginnen und Kollegen, mutig und kritisch zu sein:
“Lehrkräfte sollten die aktuelle Lage dafür nutzen, das Lernsystem an ihrer eigenen Schule zu hinterfragen. Eine zentrale Frage sollte dabei sein: Ist unser Bildungsverständnis flexibel genug?”
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Kostenfreie Online-Fortbildung:
Digital Unterrichten – Das virtuelle Klassenzimmer
In dieser kostenfreien Online-Fortbildung lernst du, wie du mit Hilfe verschiedener Tools deine Schüler*innen digital unterrichten kannst und wie das virtuelle Klassenzimmer gelingen kann.
In Video-Konferenzen kannst du sowohl über Video als auch in Chats mit deinen Schüler*innen kommunizieren und Arbeitsaufträge und Inhalte digital teilen und präsentieren. Deine Schüler*innen können in kleinen Gruppen ebenfalls in virtuellen Räumen kollaborativ und kooperativ zusammenarbeiten und kommunizieren.