Mit KI zur besseren Klassenarbeit – Ein Erfahrungsbericht aus der 6. Klasse
Gastbeitrag von Isabelle Schuhladen: Wie eine 6. Klasse KI kennenlernte – von Bildgenerierung bis zum gezielten Prompten für den Einsatz im Unterricht.
Gastbeitrag von Isabelle Schuhladen: Wie eine 6. Klasse KI kennenlernte – von Bildgenerierung bis zum gezielten Prompten für den Einsatz im Unterricht.
Dieser Gastbeitrag stammt von Isabelle Schuhladen, Lehrerin einer 6. Klasse, die sich bereits seit dem letzten Schuljahr mit KI beschäftigt – angefangen mit Bildgenerierung im Fobizz-Klassenraum. Zu Beginn dieses Schuljahres lernten die Schüler:innen, wie KI funktioniert, wie man Fake News erkennt und eigene Prompts entwickelt. Ziel war es, KI gezielt als Lernhilfe einzusetzen.
Künstliche Intelligenz ist längst kein Zukunftsthema mehr, sie ist Teil unseres Alltags geworden. Auch im schulischen Kontext stellt sich zunehmend die Frage, wie KI sinnvoll in den Unterricht integriert werden kann. In meiner 6. Klasse habe ich ein Experiment gewagt: Eine Klassenarbeit, bei der die Schüler:innen KI-Tools gezielt einsetzen durften. Nicht als Abkürzung, sondern als Unterstützung beim Schreiben, Denken und Reflektieren. Dieser Erfahrungsbericht zeigt, wie eine solche Arbeit vorbereitet, durchgeführt und ausgewertet werden kann und welche Chancen sie bietet.
Die Idee zu dieser besonderen Klassenarbeit entstand aus der Beobachtung, dass Schüler:innen immer häufiger mit KI-generierten Inhalten konfrontiert werden, sei es in sozialen Medien, bei Hausaufgaben oder im Internet. Doch wie geht man mit solchen Texten um? Wie erkennt man ihre Qualität, und wie kann man sie sinnvoll nutzen? Ziel der Klassenarbeit war es, den Schüler:innen nicht nur den Umgang mit KI zu ermöglichen, sondern sie auch zu einem kritischen, reflektierten Einsatz zu befähigen. Medienkompetenz, Eigenverantwortung und Sprachbewusstsein standen dabei im Mittelpunkt.
Im Vorfeld der Klassenarbeit beschäftigten wir uns intensiv mit dem Thema Fake News. Die Schüler:innen lernten, wie leicht sich mit KI überzeugende, aber falsche Inhalte erstellen lassen und wie wichtig es ist, Informationen zu prüfen. Ein Zeitungsartikel über eine „Schule ohne Klassenzimmer“ wurde zunächst als Falschmeldung abgetan, stellte sich dann aber als real heraus. Diese Erfahrung sensibilisierte die Klasse für den kritischen Umgang mit Informationen und führte zur Leitfrage der Klassenarbeit: „Wie gestaltest du deine Schule?“ Die Schüler:innen sollten ihre Vision einer idealen Schule entwickeln, unterstützt durch KI, aber getragen von eigenen Ideen.
In einem geschützten digitalen Raum (Fobizz-Klassenraum) testeten die Schüler:innen verschiedene KI-Tools. Sie lernten, wie unterschiedlich die Antworten der KI ausfallen, je nachdem, wie präzise die Fragen gestellt werden. In Kleingruppen entwickelten sie eigene Prompts, dokumentierten ihre Ergebnisse und reflektierten, welche Vorschläge hilfreich waren und welche nicht. Ein strukturiertes Arbeitsblatt führte sie durch vier zentrale Übungen: Rechtschreibung und Zeichensetzung prüfen, Ausdruck verbessern, Tonfall und Höflichkeit reflektieren sowie selbstständige Überarbeitung mit mehreren Prompts. Dabei wurde deutlich: Die Qualität der KI-Antwort hängt maßgeblich von der Qualität der eigenen Fragestellung ab.
Die eigentliche Klassenarbeit bestand darin, einen sachlichen Brief an die Schulleitung zu schreiben, mit drei überzeugenden Argumenten für eine Veränderung der Schule. Der Ablauf war klar strukturiert: Nach einer Ideensammlung verfassten die Schüler:innen einen ersten Entwurf, überprüften diesen selbstständig und überarbeiteten ihn anschließend mithilfe der KI. Für Rechtschreibung, Ausdruck und Tonfall wurden jeweils eigene Prompts formuliert und die Ergebnisse dokumentiert. Die Endversion wurde abgegeben, begleitet von einer schriftlichen Reflexion über den KI-Einsatz. So wurde der gesamte Prozess transparent und nachvollziehbar gestaltet.
Die fertigen Briefe zeigten eine deutliche Verbesserung in Ausdruck, Struktur und Höflichkeit. Viele Schüler:innen konnten ihre Gedanken klarer formulieren und nutzten die KI gezielt zur Optimierung ihrer Texte. Besonders erfreulich war, dass sie die Vorschläge der KI nicht unkritisch übernahmen, sondern reflektiert auswählten, anpassten oder bewusst ablehnten. Die Dokumentation der Prompts und Entscheidungen machte diesen Prozess sichtbar und förderte das Verständnis für Sprache und Stil.
In der abschließenden Reflexion wurde deutlich, wie viel die Schüler:innen durch die Arbeit mit der KI gelernt hatten. Sie gewannen mehr Selbstbewusstsein im Umgang mit digitalen Tools, entwickelten ein kritisches Verständnis für KI-generierte Inhalte und übernahmen Verantwortung für ihre eigenen Texte. Die Motivation war hoch, nicht zuletzt, weil die Arbeit mit der KI als innovativ und spannend empfunden wurde. Ein Schüler brachte es treffend auf den Punkt: „Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, die Vorschläge der KI zu überprüfen und nicht alles einfach zu übernehmen.“
Basierend auf dieser Erfahrung ergeben sich mehrere Empfehlungen für den erfolgreichen KI-Einsatz in Klassenarbeiten: Eine klare Aufgabenstellung und Struktur sind essenziell. Die KI sollte als Werkzeug eingeführt werden, nicht als Ersatz. Prompts sollten gezielt geübt und dokumentiert werden. Überarbeitungsschritte und Reflexionen sind ebenso wichtig wie transparente Bewertungskriterien und eine positive Fehlerkultur. Wenn diese Rahmenbedingungen gegeben sind, kann KI ein wertvoller Lernpartner sein.
Die Klassenarbeit mit KI-Unterstützung hat gezeigt, dass digitale Werkzeuge sinnvoll in den Unterricht integriert werden können, wenn sie reflektiert genutzt werden. Die Schüler:innen lernten, Verantwortung für ihre Texte zu übernehmen und die KI als Unterstützung zu begreifen. Für Lehrkräfte bedeutet das: Offenheit für neue Wege, klare Strukturen und Vertrauen in die Lernfähigkeit der Schüler:innen. KI ersetzt nicht das Denken – aber sie kann es anregen, strukturieren und bereichern.