Medienbildungskonzept für die eigene Schule erstellen
In diesem Interview erklärt dir Schulleitungsmitglied und Medienfachberater Thomas Odemer, was ein Medienbildungskonzept ausmacht und welche Bedingungen und Anforderungen dabei zu beachten sind.
„Ergreifen Schulen ihre Chance und wollen sich endlich auf den Weg machen, so bieten Medienbildungskonzepte die entsprechende Sicherheit und bieten Qualitäts- und Rahmenbedingungen an.“
In deiner neuen Online-Fortbildung bei fobizz geht es darum, wie man Medienbildungskonzepte für die eigene Schule erstellt. Warum sind diese Konzepte wichtig?
Thomas Odemer: Medienbildungskonzepte sollen nicht nur “Papiertiger” sein, wie es oft mit anderen Konzepten an Schule der Fall ist. Medienbildungskonzepte können echte “Motoren” für Schul- und Unterrichtsentwicklung sein. Wollen wir zeitgemäßen Unterricht für eine zukunftsorientierte Bildung anbieten, so muss sich der Schulalltag drastisch verändern.
Ergreifen Schulen ihre Chance und wollen sich endlich auf den Weg machen, so bieten Medienbildungskonzepte die entsprechende Sicherheit und bieten Qualitäts- und Rahmenbedingungen an, die es bei diesem wichtigen Transformationsprozess braucht.
Wie sieht Lernen unter den Bedingungen der Digitalisierung aus bzw. was verändert sich durch diese Bedingungen?
Thomas Odemer: Lernen unter Bedingungen der Digitalisierung greift zu kurz. Dies ist lediglich “das Einsetzen können” von Medien. Vielmehr verändert sich Gesellschaft, Wirtschaft und Privatleben drastisch durch den Einfluss von Digitalisierung. Dies beinhaltet nicht nur die Anwendungskompetenz von Medien, sondern auch die Reflektion- und Lebenskompetenz mit Medien. Wie erkenne ich beispielsweise Fake News und was kann ich dagegen tun? Wie gehe ich damit um, wenn ich Opfer von Hate Speech bin? Welchen Einfluss soll Künstliche Intelligenz auf unser Leben haben? Welches Wissen benötige ich, um auf dem Arbeitsmarkt der Zukunft bestehen zu können? Welchen Stellenwert nimmt mein Individuum im Netz ein? Wie kann ich mich im Netz schützen?
All das sind Fragen, die zeigen, dass sich unsere Welt bedeutend transformiert, hin zu einer Gesellschaft der Digitalität. Die Frage muss also lauten, welches Wissen brauchen unsere Kinder und Jugendlichen, um in einer Gesellschaft der Digitalität ein gutes, freiheitliches und mündiges Leben führen zu können. Diesen Anspruch muss Lernen in der Schule erfüllen. Hierfür gibt es einige Modelle, die Vorschläge machen, wie dieses Lernen aussehen kann. Ich persönlich präferiere das 4K- bzw. 4D-Modell, zu welchem ich auch schon Webinare gehalten habe.
Thomas Odemer ist Schulleitungsmitglied für den Ganztagsbereich sowie die Jahrgänge 5/6 in Frankfurt am Main. Dort begleitet er die Schüler*innen außerdem als Gesamt- und Förderschullehrer in den Fächern GL, NaWi und Mathematik. An seinen Schulen hat er die Arbeit mit verschiedenen digitalen Lernplattformen wie Microsoft Teams oder Moodle eingeführt, etabliert und weiterentwickelt. Heute arbeiten seine Schüler*innen immer wieder mit Blended Learning Formaten in seinem Unterricht und von zu Hause aus.
Des Weiteren ist er Autor und Dozent für den Raabe Verlag und dem päd. Landesinstitut Rheinland-Pfalz mit dem Schwerpunkt Digitalisierung, Microsoft Innovative Educator Master Trainer, hat eine Ausbildung zum Multimediaberater gemacht sowie ein Masterstudium im Bereich Schulmanagement absolviert. Außerdem ist er Medienfachberater am Staatlichen Schulamt in Frankfurt.
Bei einigen großen Veranstaltungen leitete er Workshops wie etwa auf dem Forum Bildung Digitalisierung, der Konferenz der Schulaufsichtsbeamten Deutschland, oder dem Edu Camp. Auch als Speacker konnte er schon in einigen Formaten gesehen werden, wie etwa auf der DigitalX oder dem Deutschen Schulleiterkongress.
„Es muss erkennbar sein, dass die Schule bereit ist sich auf den Weg der Transformation zu machen und dass der Wille da ist, das Kollegium sowie die gesamte Schulgemeinde mitzunehmen.“
Um ein konkretes Bild zu bekommen: Was sind erfolgreiche Beispiele für Medienbildungskonzepte und was schätzt du an diesen Beispielen?
Thomas Odemer: Erfolgreiche Beispiele sind Konzepte, die auf die individuellen Bedürfnisse der Schule eingehen und gleichzeitig ein realistisches Bild vor Ort beschreiben. Anhand dieser Ausgangslagen werden konkrete Entwicklungsziele beschrieben, die den Anspruch haben den Schulalltag nachhaltig zu verändern. Gleichzeitig muss ein gutes Konzept den Anspruch haben, als echtes Instrument für Schul- und Unterrichtsentwicklung eingesetzt zu werden. Dies zeigt es durch Qualitätsstandards wie gezielte Evaluation und Fortbildungsplanung, sowie eine konkrete Verankerung in der gesamten Schulgemeinde. Von daher gesehen gibt es viele gute Beispiele, die aber nicht unbedingt für eine andere Schule/ Schulform gut sein müssen.
Bei der Erstellung eines Medienbildungskonzepts gibt es ja verschiedene Anforderungen zu beachten. Unterscheiden sich diese Anforderungen von Bundesland zu Bundesland?
Thomas Odemer: Im Grunde genommen nein. Alle Bundesländer haben den Anspruch, dass das Medienbildungskonzept Schul- und Unterrichtsentwicklung mit und durch Medien antreibt. Dies ist so vom Bund vorgegeben, damit die Gelder des Digitalpakts bewilligt werden. Dennoch gibt es einzelne Unterschiede in der Ausgestaltung und im Layout der Konzepte. So gibt das Land Hessen seinen Schulen sehr viel individuelle Freiheit bei der Gestaltung seiner Konzepte, während das Land Niedersachsen zum Beispiel für einen Teil des Konzepts feste Vorgaben macht.
Alle Bundesländer haben zudem Leitfäden herausgegeben, wie das Medienbildungskonzept aussehen kann. Hierbei gibt es ebenfalls Unterschiede in der Lenkung oder Vorgabe, welche Teile in einem Medienbildungskonzept enthalten sein müssen. Das Land Sachsen-Anhalt lenkt beispielsweise sehr zielgenau in der Kapitelausgestaltung. Zuletzt unterscheidet sich das Konzept oftmals noch im Namen. Baden-Württemberg nennt es zum Beispiel Medienentwicklungsplan, Nordrhein-Westfalen wiederum Medienkonzept. Letztlich basieren aber alle Konzepte auf den Beschluss der Bundesregierung und den KMK-Kompetenzstandards und müssen auch dessen Anforderungen entsprechen.
Und zum Schluss: Was stellt in deinen Augen das Herzstück eines jeden Medienbildungskonzepts dar?
Thomas Odemer: Nicht ein bestimmter Teil ist das Herzstück. Sondern es muss erkennbar sein, dass die Schule bereit ist sich auf den Weg der Transformation zu machen und dass der Wille da ist, das Kollegium sowie die gesamte Schulgemeinde mitzunehmen. Dies ist an vielen Stellen erkennbar. Letzten Endes kann aber nur ein Blick in die Praxis am Ende beweisen, ob der Schule der Wandel gelingt.
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