Wo siehst du die größten Chancen von KI im Bildungsbereich?
Michael Lutz: Ein Punkt ist die Chancengerechtigkeit: Früher war es üblich, den Schüler*innen einfach zu sagen, dass sie einen Vortrag vorbereiten müssen. Sie hatten zu wenig Zeit in der Schule und mussten den Rest zu Hause erledigen. Die Schüler*innen, deren Eltern zu Hause waren, bekamen oft eine gute Note, da ihre Eltern ihnen halfen, schöne Folien zu erstellen. Aber eigentlich wurden die Eltern benotet und nicht die Schüler*innen selbst. Schüler *innen mit berufstätigen Eltern oder einer anderen Muttersprache hatten oft eine schlechtere Note. Das Thema Chancengleichheit spielt hier eine wichtige Rolle, da Schüler*innen, die Zugang zu Technologie haben, die Möglichkeit besitzen, diese effektiv zu nutzen. Für Lehrer*innen ist es eine Chance, Bildung neu zu denken und sinnvolle Aufgaben zu geben, die mehr auf die Lebenswelt der Schüler*innen abgestimmt sind. Der Einsatz von Technologie kann dabei helfen. Es ist wichtig, einen natürlichen und gesunden Zugang zur Technologie zu haben.
Auch die Entlastung von Lehrpersonen durch eine Assistenz ist hierbei ein Thema: Ich sehe Chancen darin, dass Schüler*innen jetzt Zugang zu Assistenz-Tools haben, die Lehrkräfte entlasten können. Wenn ein Text zu kompliziert ist, können die Schüler*innen ihn an die KI weitergeben, die ihn für ein jüngeres Publikum umformuliert. Die Handhabung und Fähigkeiten, die wir uns wünschen, sind jetzt viel größer. Ich mache mir jedoch Sorgen, dass wir zu sehr von diesen Tools abhängig werden. Ich habe selbst erlebt, dass ich einen Blogartikel schreiben wollte und das Tool mir half – ich habe mir den Blogartikel allerdings nicht komplett generieren lassen. Stattdessen habe ich stichwortartig eine halbe Seite geschrieben und das Tool hat mir geholfen, es in Sätze umzuformulieren, die ich dann überarbeitet habe, um sicherzustellen, dass ich mich selbst darin wiederfinde. Das ist eine tolle Chance. Ich habe jetzt mehr Zeit und kann mich auf einzelne Schüler*innen konzentrieren, die die Tools auch benötigen.
Allerdings würde ich auch nicht alle Aufgaben an die KI übergeben: Man liest davon viel auf LinkedIn, allerdings bin ich mir nicht sicher, ob es eine gute Idee ist, die Erstellung von individualisierten Lernplänen an KI-Systeme zu delegieren. Ich kenne meine Schülerinnen und Schüler und ihre Stärken und Schwächen und möchte diese Informationen nicht an eine KI weitergeben, von der ich nicht genau weiß, wer dahintersteckt. Auch die Bewertung von Schülerleistungen möchte ich nicht vollständig an eine KI abgeben, sondern selbst durchführen. Ich werde einen Mega-Prompt erstellen, der die Schülerinnen und Schüler auffordert, ihre eigenen Stärken und Schwächen zu identifizieren und zu optimieren. Ich werde jedoch selbst die Bewertung durchführen, anstatt sie an ein objektives System zu delegieren.