TikTok, Instagram und Snapchat – Die Social-Media-Welt von Schüler*innen verstehen
Im Interview mit Medienpädagogin Kim Beck erfährst du, welche Bedeutung soziale Medien in der Lebenswelt unserer Schüler*innen haben. Dabei werden sowohl Risiken als auch Chancen der Plattformen deutlich und wie wir im Unterricht durch und mit ihnen die nötige Medienkompetenz fördern können – und müssen.
„Medien, allen voran Social-Media-Dienste wie Instagram, TikTok und Snapchat sind ein selbstverständlicher Teil der Lebenswelt von Jugendlichen.“
Social Media ist nahezu jedem ein Begriff. Doch welche Bedeutung haben Snapchat, Instagram, TikTok und Co. gerade für Jugendliche & Kinder?
Kim Beck: Kinder und Jugendliche nutzen diese Dienste entlang ihrer aktuellen und individuellen Bedürfnisse. Das heißt, die gleiche App kann für unterschiedliche Jugendliche unterschiedliche Bedeutungen haben. Manche sehen die Apps primär als Unterhaltung und als Möglichkeit, dem eigenen Alltag zu entfliehen und den Kopf mal von Schule und Stress zu lösen. Für andere Jugendliche sind die Apps wichtig, weil sie damit Kontakt zu Gleichaltrigen herstellen und pflegen können. Wer am nächsten Tag in der Pause mitreden will, will natürlich wissen, was gestern auf TikTok und Instagram los war.
Dazu kann es auch gehören, aktuelle Memes und Trends der Plattformen zu kennen. Ein weiterer zentraler Faktor, der Kinder und Jugendliche eint, ist das Finden von Orientierung und Inspiration. Auf den Plattformen finden sie Vorbilder, von denen sie sich einiges abschauen können. Außerdem können sie natürlich auch selbst aktiv und kreativ werden und sich ausprobieren. Das ist ein zentrales Element der Identitätsarbeit im Jugendalter. Auf die Selbstdarstellung erhält man auf Social-Media zudem sehr schnell Feedback und kann dann einschätzen, was gerade gut und was weniger gut bei der Peergroup ankommt.
Warum ist es so wichtig, dass sich Lehrkräfte mit den medialen Lebenswelten der Schüler*innen auseinandersetzen?
Kim Beck: Während wir häufig noch zwischen medialer und realer Lebenswelt unterscheiden, gibt es diese Trennung für junge Menschen längst nicht mehr. Medien, allen voran Social-Media-Dienste wie Instagram, TikTok und Snapchat sind ein selbstverständlicher Teil der Lebenswelt von Jugendlichen. Hier passieren für sie ganz essenzielle Dinge, hier spielt sich ein großer Teil ihres Alltags ab. Das, was sie hier erleben, bringen sie auch mit in den Klassenraum. Gibt es Ärger oder Probleme auf Insta, dann wirkt sich das unter Umständen auf das Klassenklima oder die Leistung einzelner Schüler*innen aus. Wer nachts stundenlang auf TikTok verbringt, kann in der Schule kaum konzentriert sein. Mit Schüler*innen präventiv über diese Dienste zu sprechen ist also allein deshalb schon wichtig, weil man so eine gute Lern- und Arbeitsatmosphäre schafft.
Außerdem ist nicht zu vergessen, dass ein Großteil der Jugendlichen jetzt schon angibt, Instagram sei für sie eine der wichtigsten Nachrichtenquellen. Wenn Schüler*innen ihre Informationen mehr und mehr aus Social-Media-Apps beziehen, so ist es wichtig, sie dabei zu begleiten. Mit einem vereinfachten „Informationen aus Social-Media kann man nicht trauen“ spricht man an der Realität vorbei. Sinnvoller ist es da, selbst gute Accounts empfehlen zu können und aufzuzeigen, warum man diese empfiehlt.
Kim Beck ist Medienpädagogin und zusammen mit Natascha Könches regelmäßig im Medienkompetenz-Podcast medially zu hören. Sie arbeitet in der medienpädagogischen Praxis intensiv mit Kindern, Jugendlichen sowie Fachkräften und Eltern zusammen. Kim Beck konzipiert außerdem Unterrichtsmaterialien, mit denen Lehrkräfte aktuelle mediale Phänomene rund um das Internet, Smartphones und Apps in der Schule thematisieren können.
Worin besteht deiner Meinung nach die größte Chance von Social Media und worin das größte Risiko?
Kim Beck: Das ist sehr schwierig zu beantworten. Im Moment sehe ich die größte Chance darin, dass Jugendliche durch Social-Media die Möglichkeit haben, wahnsinnig viel zu sehen und auszuprobieren. Sie können über die Apps alle möglichen Interessen, Hobbys und Lebensentwürfe kennenlernen, die in ihrem eigenen Leben vielleicht (noch) keine Rolle spielen. Das kann Akzeptanz und Austausch schaffen. Eine große Gefahr sehe ich darin, alle Verantwortung abzugeben und sich den Algorithmen der Plattformen ausgeliefert zu sehen. Stattdessen würde ich mir wünschen, dass wir Jugendliche dabei unterstützen, aktive und selbstbestimmte Nutzer*innen der Plattformen zu sein. Tatsächlich können sie schließlich mitbestimmen, welche Inhalte erfolgreich werden und wie Social-Media in der Zukunft aussehen soll.
Die Apps unterliegen einem ständigen Wandel & viel Bewegung. Wie bleibt man am besten Up-to-date, und erhält die Verbindung zu den Schüler*innen?
Kim Beck: Immer alle Trends und neuesten Updates zu kennen, ist mittlerweile eigentlich utopisch. Doch das muss – finde ich – auch gar nicht sein. Wer Nutzungsmotive und Grundfunktionen von Plattformen kennt, kann sich schnell in Veränderungen eindenken und auch Trends verstehen. Wenn das mal nicht klappt, sind die beste Informationsquelle immer Jugendliche selbst. Ich frage ganz oft „Hey, ich hab gehört, bei Instagram gibt’s was Neues. Kann mir das mal jemand erklären?“ oder „Ich checke diesen TikTok-Trend einfach nicht. Kennt ihr den schon?“ und lasse Jugendliche in die Expert*innenrolle schlüpfen. Manchmal gibt es auch welche, die sich total für die Technik hinter den Plattformen interessieren. Dieses Wissen zu nutzen ist doch super für alle Beteiligten. Der Austausch mit anderen interessierten Lehrkräften und das regelmäßige Checken von Info-Webseiten ist natürlich auch empfehlenswert.
Ist dir ein besonderes Erlebnis im Rahmen deiner medienpädagogischen Arbeit im Kopf geblieben?
Kim Beck: Zu viele, aber eines passiert mir immer wieder. Wenn ich mit einer Klasse über Influencer*innen oder Trends auf Plattformen spreche, endet die Stunde leider auch irgendwann mal. Auch wenn wohl jede*r die Pause liebt, bleiben ganz oft einige Schüler*innen noch im Klassenzimmer, bilden teilweise eine Schlange, weil sie mir noch von einer Person oder einem Trend erzählen wollen, der sie gerade fasziniert. Ich schließe daraus, dass das Bedürfnis, über diese Themen zu sprechen und wahrgenommen zu werden, extrem hoch ist, sich bedauerlicherweise aber kaum Erwachsene dafür interessieren. Eine tolle Chance also, mit Jugendlichen ins Gespräch zu kommen!
Online-Fortbildung:
TikTok, Instagram und Snapchat – Die Social-Media-Welt von Schüler*innen verstehen
In dieser Fortbildung lernst du, wie du die Medienwelten von Schüler*innen, wie Tiktok und Instagram verstehst und einsetzt.