Digitale Medien in der Grundschule: „Es geht nicht darum, alles, was bislang analog gemacht wurde, auf Teufel komm raus zu digitalisieren.“
Digitale Medien in der weiterführenden Schule nutzen? Na klar! Beim Einsatz von Tablet und Co. in der Grundschule haben aber noch viele Bedenken. Unsere Dozentin Verena Knoblauch entkräftet die gängigsten Vorurteile und gibt Beispiele, wie sie digitale Medien in der Grundschule sinnvoll einsetzt.
„Es ist leichter, einen Atomkern zu spalten als ein Vorurteil“, soll der Physiker Albert Einstein einmal gesagt haben. Dass man sich seinen Kritiker*innen aber mit klugen Argumenten stellen kann, beweist unsere Dozentin Verena Knoblauch. Die Lehrerin und Medienpädagogin nutzt schon seit mehreren Jahren digitale Medien in der Grundschule. Immer wieder begegnet sie Vorurteilen wie diesen:
Kinder sollen lesen, schreiben, rechnen und denken lernen und nicht über ein Tablet wischen. Im Grundschulbereich haben digitale Geräte nichts zu suchen, da die Kinder intellektuell noch nicht in der Lage sind, mit ihnen zielgerichtet umzugehen.
Ein kleines Kind lernt durch zwei Stunden auf dem Baum Klettern oder Sandkasten Spielen mehr als durch zwei Stunden Knöpfchen Drücken.
Kinder müssen vor den Gefahren digitaler Medien beschützt werden.
Die Welt, in der wir leben, ist von Digitalität geprägt. Digitale Medien gehören zu unserem Alltag – und werden daraus auch nicht so schnell verschwinden. Knoblauch sieht es deshalb als ihre Aufgabe an, Kindern die nötige Medienkompetenz zu vermitteln, um verantwortungsbewusst und sinnvoll mit neuen medialen Möglichkeiten umzugehen.
An die neuen Anforderungen unserer Zeit müssten auch der Unterricht und pädagogische Ziele angepasst werden. Knoblauch ist überzeugt: „Durch digitale Medien in der Grundschule können neue Lehr- und Lernformen ermöglicht und eine neue Lernkultur mit veränderten Rollen von Lehrkräften und Schüler*innen begünstigt werden.“
Und dabei müssen wir uns nicht entscheiden, ob Kinder auf Bäume klettern oder vor dem Tablet sitzen. Für Knoblauch ist klar: „Unterricht ist nicht entweder analog oder digital. So wie das Leben auch nicht analog oder digital ist.“ Für sie gehe es eben nicht darum, eine reale Erfahrung durch etwas Digitales zu ersetzen.
„Unterricht ist nicht entweder analog ODER digital. So wie das Leben auch nicht analog ODER digital ist.“
Einige Bedenken von Kritiker*innen könne Verena Knoblauch nachvollziehen.
„Wenn ich mir vorstelle, dass nun alle analogen Tätigkeiten durch digitale ersetzt werden, dann habe ich natürlich Bedenken. Weil das ja auch tatsächlich Quatsch wäre.“
Viele dieser Bedenken entstünden, so Knoblauch, weil Außenstehende erstmal keine oder falsche Vorstellungen davon hätten, was der Einsatz digitaler Medien in der Grundschule bedeute – und was nicht. „Es geht für mich nicht darum, alles, was bislang analog gemacht wurde, nun auf Teufel komm raus zu digitalisieren. Nur weil ich die Geräte habe, muss ich sie nicht für alles nutzen“, sagt sie. Deshalb blieben die Geräte auch mal im Schrank.
Für verschiedene Projekte werden dann aber die digitalen Medien gezielt eingesetzt. Im Fach Englisch lässt Knoblauch ihre Kinder zum Beispiel ein digitales Wörterbuch erstellen. Für jedes Thema, das sie im Unterricht behandelt, legen die Schüler*innen eine Seite in der App Book Creator an und fügen für jedes neue Wort ein Bild ein. Zu jedem Bild schreiben sie das englische Wort und sprechen es zusätzlich ein. So können die Kinder ihre Aussprache, eventuell zum ersten Mal, selbst anhören und gegebenenfalls korrigieren. Im Laufe des Schuljahres entsteht auf diese Weise ein persönliches Wörterbuch, in dem die Kinder die bereits erlernten Wörter nachschlagen und die Aussprache anhören können:
Verena Knoblauch ist Lehrerin und Medienpädagogin an der Friedrich-Staedtler-Grundschule in Nürnberg. Dort plante und etablierte sie erfolgreich zwei Tabletklassen. Sie denkt Unterricht gerne neu und anders – so wandelt sie für ihre Schülerinnen und Schüler im Rahmen von “EduBreakout” den Klassenraum manchmal in einen Raum voller versteckter Rätsel und Aufgaben um. Seit Jahren erprobt sie Unterrichtsideen mit digitalen Medien und ist mittlerweile auch als Medienberaterin tätig.
Vier Erkenntnisse zu digitalen Medien in der Grundschule:
Verena Knoblauch hat nun schon mehrere Jahre digitale Medien im Unterricht eingesetzt. Was sind ihre Erkenntnisse?
„Auch wenn ich eher durch Zufall dazu kam, Tablets im Unterricht einzusetzen, bin ich mittlerweile überzeugt davon, dass
- für einen zeitgemäßen Unterricht, der die Kinder dazu befähigen soll, sich in einer durch Digitalität geprägten Gesellschaft zurechtzufinden und aktiv und selbstbestimmt daran teilzuhaben, der Einsatz von digitalen Medien wichtig ist.
- man die Chance ergreifen und Unterricht neu denken sollte, um das Potential digitaler Medien voll auszuschöpfen.
- digitale und analoge Methoden und Medien sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern sich ergänzen.
- auch Grundschüler schon sinnvoll, produktiv und kreativ mit digitalen Medien im Unterricht umgehen können.
Dabei steht für mich nicht die Technik im Vordergrund sondern die neuen Möglichkeiten, die die Geräte eröffnen.“
Vorurteile über digitale Medien in der Grundschule hat Verena Knoblauch hoffentlich abgebaut – dann ist ja nun Zeit für die Atomkernspaltung.
Online-Fortbildung:
Digitale Medien in der Grundschule
Immer wieder begegnen Lehrkräfte und Eltern Argumente, warum digitale Medien angeblich für Kinder in der Grundschule nicht geeignet sind. In dieser Fortbildung werden die gängigsten Gegenargumente aufgegriffen und gezeigt, dass sich analoge und digitale Unterrichtsmethoden sehr wohl sinnvoll ergänzen können.