Gedichte in vier Sprachen analysieren können, aber keine Ahnung von Steuern haben? Man hört oft solche oder ähnliche Aussagen wie aus dem bekannt gewordenen Tweet. Finanzen spielen leider im Schulalltag kaum eine Rolle – Jana Tichauer hat eine Antwort darauf, wie man das ändern kann.
24. Oktober 2024
Was macht finanzielle Bildung für dich und für die Schüler*innen so wichtig?
Jana Tichauer: Finanzielle Bildung sorgt dafür, dass man das eigene Geld kontrolliert. Sie sorgt dafür, dass man selbstständig und fundiert Entscheidungen treffen kann; dass man in die Zukunft plant und Risiken minimieren kann. All das brauchen Bürger*innen in unserer Gesellschaft, um aktiv teilzuhaben und ihre Zukunft selbst zu gestalten. Kurzum: um mündige Demokrat*innen zu sein. Leider findet finanzielle Bildung bisher wenig Platz in der Schule, obwohl sie zu fast allen Fächern passt und einen sehr großen Einfluss auf das Leben von jungen Menschen hat. Unter anderem minimiert sie Jugendverschuldung und Altersarmut und trägt zu besserer psychischer Gesundheit bei.
„Leider findet finanzielle Bildung bisher wenig Platz in der Schule, obwohl sie zu fast allen Fächern passt und einen sehr großen Einfluss auf das Leben von jungen Menschen hat.“
Wie fließt das Thema finanzielle Bildung in deine eigene Lehrtätigkeit ein?
Jana Tichauer: Indem ich immer wieder aktiv ins Gespräch gehe: mit Lernenden, Eltern und Kolleg*innen und für das Thema sensibilisiere. Indem ich finanzielle Bildung in Vertretungsstunden oder im Wahlpflichtunterricht bewusst unterrichte. Und indem ich auch für Fragen, die man sonst nicht so richtig beantwortet bekommt, zur Verfügung stehe. Grundsätzlich hat finanzielle Bildung natürlich auch etwas mit pädagogischer Haltung, z.B. mit Empowerment, Schüler*innen-Orientierung oder Lebensweltnähe zu tun. Das gehört für mich in jeder Stunde dazu.
Jana Tichauer hat wegen einer gut gemachten Website mit finanzieller Bildung angefangen – und seitdem lässt sie dieses Thema nicht mehr los!
Seit mehr als zwei Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich für Invest it! e.V., einem Verein, der sich für finanzielle Bildung einsetzt. Dort leitet sie das Bildungsprogramm, denn in ihrem „wahren“ Leben ist sie Lehrerin – für Englisch und Französisch an einem Gymnasium in Berlin. Sie brennt für kreative, digitale und handlungsorientierte Unterrichtskonzepte und lehrt und lernt mit großer Leidenschaft. Privat findet man sie am ehesten in der Kletterhalle oder mit einem guten Buch auf der Couch.
Welche Methoden und Ansätze empfiehlst du, um finanzielle Bildung in den Unterricht zu integrieren?
Jana Tichauer: Am besten gelingt der Einstieg mit (tages)aktuellen Aufhängern: Werbeplakate von Banken oder Versicherungen, kurze Videos, die im Netz kursieren oder auch Schlagzeilen können mit Schüler*innen hervorragend thematisiert werden. Damit ein niedrigschwelliger Rückbezug zur persönlichen Lebenswelt gelingt, lasse ich die Lernenden einmal überlegen, wie sie sich ihr zukünftiges Ich vorstellen. Welche Wünsche und Träume haben sie und welche Rolle wird bzw. muss Geld dabei spielen? Finanzielle Bildung braucht viel Platz für Reflexion und Austausch; für diese beiden Bereiche haben die meisten Lehrkräfte schon viele passende Methoden in petto.
Kannst du ein Beispiel geben, wie du die Leistungsbewertung im Kontext finanzieller Bildung gestalten würdest?
Jana Tichauer:Am liebsten würde ich finanzielle Bildung gar nicht bewerten – denn es handelt sich um eine Lebenskompetenz, die viel wichtiger ist als eine Ziffer und die für junge Menschen eine immense Bedeutung hat. Wenn wir sie als komplexe Kompetenz begreifen, die verschiedenste Facetten hat – zum Beispiel Urteilsfähigkeit, Medienkompetenz oder Motivation – dann wird auch unsere Leistungsbewertung angemessener. Am besten geht das dann über prozessorientierte Bewertung, die eine komplexe Lernleistung in den Blick nimmt, also zum Beispiel die Erstellung und Präsentation einer Kampagne gegen Online-Schulden.
Was sind die größten Herausforderungen, die Lehrkräfte beim Unterrichten finanzieller Bildung erleben, und wie können sie diese überwinden?
Jana Tichauer:Die meisten Lehrkräfte trauen sich nicht, über das Thema zu reden. “Über Geld spricht man nicht”. Manche haben aber auch das Gefühl, dass sie sich selbst nicht gut genug auskennen. Meine Empfehlung: ausprobieren! Erwachsene Menschen können Lernenden schon allein durch ihre Erfahrung ganz viel erzählen, ohne dass sie “Finanzexpert*innen” sein müssen. Wie geht das mit der ersten Wohnung? Und dem ersten Konto? Ist ein Kredit wirklich immer schlecht? All diese Fragen werden den Jugendlichen nirgendwo beantwortet. Und je mehr man sich damit beschäftigt, desto mehr lernt man auch selbst dazu.
Online-Fortbildung:
Finanzielle Bildung einfach unterrichten
In dieser Online-Fortbildung lernst Du wie Du – auch ohne wirtschaftlichen Hintergrund – Personal Finance in den Klassenraum bringst. Das geht richtig einfach, ist auch schon ab 45 Minuten machbar und noch dazu total wichtig für die Zukunft Deiner Schüler*innen. Und bestimmt nimmst Du auch das eine oder andere für das eigene Sparschwein mit!
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