Welche Methoden und Ansätze empfiehlst du, um finanzielle Bildung in den Unterricht zu integrieren?
Jana Tichauer: Am besten gelingt der Einstieg mit (tages)aktuellen Aufhängern: Werbeplakate von Banken oder Versicherungen, kurze Videos, die im Netz kursieren oder auch Schlagzeilen können mit Schüler*innen hervorragend thematisiert werden. Damit ein niedrigschwelliger Rückbezug zur persönlichen Lebenswelt gelingt, lasse ich die Lernenden einmal überlegen, wie sie sich ihr zukünftiges Ich vorstellen. Welche Wünsche und Träume haben sie und welche Rolle wird bzw. muss Geld dabei spielen? Finanzielle Bildung braucht viel Platz für Reflexion und Austausch; für diese beiden Bereiche haben die meisten Lehrkräfte schon viele passende Methoden in petto.
Kannst du ein Beispiel geben, wie du die Leistungsbewertung im Kontext finanzieller Bildung gestalten würdest?
Jana Tichauer: Am liebsten würde ich finanzielle Bildung gar nicht bewerten – denn es handelt sich um eine Lebenskompetenz, die viel wichtiger ist als eine Ziffer und die für junge Menschen eine immense Bedeutung hat. Wenn wir sie als komplexe Kompetenz begreifen, die verschiedenste Facetten hat – zum Beispiel Urteilsfähigkeit, Medienkompetenz oder Motivation – dann wird auch unsere Leistungsbewertung angemessener. Am besten geht das dann über prozessorientierte Bewertung, die eine komplexe Lernleistung in den Blick nimmt, also zum Beispiel die Erstellung und Präsentation einer Kampagne gegen Online-Schulden.
Was sind die größten Herausforderungen, die Lehrkräfte beim Unterrichten finanzieller Bildung erleben, und wie können sie diese überwinden?
Jana Tichauer: Die meisten Lehrkräfte trauen sich nicht, über das Thema zu reden. “Über Geld spricht man nicht”. Manche haben aber auch das Gefühl, dass sie sich selbst nicht gut genug auskennen. Meine Empfehlung: ausprobieren! Erwachsene Menschen können Lernenden schon allein durch ihre Erfahrung ganz viel erzählen, ohne dass sie “Finanzexpert*innen” sein müssen. Wie geht das mit der ersten Wohnung? Und dem ersten Konto? Ist ein Kredit wirklich immer schlecht? All diese Fragen werden den Jugendlichen nirgendwo beantwortet. Und je mehr man sich damit beschäftigt, desto mehr lernt man auch selbst dazu.