Programmieren im Unterricht? So gelingt der Einstieg!
Begeisterung fürs Programmieren wecken – das ist die Mission von App Camps, einem gemeinnützigen Bildungs-Start-Up. App Camps möchte Lehrkräfte dabei unterstützen, die Grundlagen des Programmierens zu verstehen und umzusetzen. Wie genau sie das angehen und was sie sonst noch für tolle Angebote bieten, haben uns Anne Looks und Tom Wiedemann von App Camps erzählt.
„Denn wenn die Lehrkräfte Freude an digitalen Themen und der Programmierung haben, dann können sie es auch inspirierend den SchülerInnen vermitteln.“
Seit 2020 organisieren App Camps und fobizz gemeinsam die Zusatzqualifikationen zu Informatischer Grundbildung und Medienbildung. Aber ihr macht ja noch viel mehr. Erzähl doch mal: Was macht ihr bei App Camps eigentlich?
Anne: App Camps ist 2013 als gemeinnütziges Bildungs-Start-Up entstanden. Die Ursprungsidee war, vor allem bei Mädchen die Freude am Programmieren zu wecken. Daraus ist relativ schnell eine digitale Plattform entstanden, auf der Lehrkräfte kostenloses Material – unsere sogenannten Lernkarten + begleitende Videos – für den direkten Einsatz im Unterricht finden. Inzwischen bieten wir 15 Themengebiete an, mit tollen Unterlagen zu App Entwicklung, Einstieg in die Programmierung mit Scratch, Medienkompetenz, Grundlagen der Informatik, aber auch Spannendes zum Thema Künstliche Intelligenz oder Agiles Arbeiten. Mit diesem Material haben wir über die Jahre inzwischen mehr als 900.000 Schülerinnen und Schüler erreicht. Das freut uns total.
Eure Mission ist, dass ihr v.a. Jugendliche und Lehrkräfte von Themen wie Programmierung und Informatik begeistern wollt. Wie geht ihr das an?
Anne: Wir richten uns mit unserer Plattform und all unserem Tun tatsächlich primär an die Lehrkräfte. Sie sollen sich bei uns registrieren, mit unseren Materialien arbeiten. Für sie bieten wir Webinare und die Zusatzqualifikationen an. Denn wenn die Lehrkräfte Freude an digitalen Themen und der Programmierung haben, dann können sie es auch inspirierend den SchülerInnen vermitteln. Wir versuchen daher geeignete Angebote für Lehrkräfte zu schaffen, um die Begeisterung zu wecken. Seit gut einem Jahr bieten wir jede Woche zusammen mit der Hopp Foundation sechsstündige Intensiv-Workshops an und lassen die Lehrkräfte mit unseren Lernkarten arbeiten. Wir schulen sie dabei v.a. in den Programmen Scratch, App Inventor und dem Calliope mini. Das Feedback nach diesen Webinaren ist durchweg positiv. Wir hoffen, dass die Lehrkräfte das Gelernte dann in ihre Klassen tragen und anwenden.
Anne Looks ist studierte Medienwissenschaftlerin und hat lange in der Verlagsbranche gearbeitet. Ihre Leidenschaft ist digitale Produktentwicklung und New Learning. Bei App Camps entwickelt sie Unterrichtsmaterialien und veranstaltet Workshops und Webinare.
Als studierter Medienwissenschaftler interessiert sich Tom Wiedemann dafür, wie analoge und digitale Medien unser Leben beeinflussen. Als Filmemacher hat er innovative Technologien und soziales Engagement in bewegten Bildern erklärt. Bei App Camps entwickelt Tom Unterrichtsunterlagen, ist als Trainer aktiv und schneidet Filme.
In einigen Bundesländern ist Informatik ja bereits ein Pflichtfach, in anderen Bundesländern soll das noch kommen. Was bietet ihr Lehrkräften für Möglichkeiten, sich mehr mit dem Thema auseinanderzusetzen?
Anne: Wir haben inzwischen zu sehr vielen informatischen Grundlagen Unterrichtsmaterial entwickelt. Sei es für die unteren Klassenstufen mit einem Einstieg in die Programmierung mit Scratch oder dem Calliope mini, sei es mit Grundlagen zu Medienkompetenz oder den umfangreichen Grundlagen Informatikkursen für Klasse 7 & 8. Auch für die höheren Klassen bieten wir entsprechendes Material: Programmieren mit dem App Inventor (ab Klasse 8) oder Einstieg in html & CSS, Python oder Datenbanken (ab Klasse 9/10).
Das Tolle an unserem Material ist: Wir haben die Lernkarten für die SchülerInnen (und damit auch die Lehrkräfte) so konzipiert, dass sie direkt mit dem Thema anfangen können zu arbeiten. Wir bekommen auch immer wieder von Lehrkräften, die Informatik fachfremd unterrichten, das Feedback, dass ihnen unsere Lernkarten sehr geholfen haben, um in die Programmierung und Informatik-Grundlagen einzusteigen. Das freut uns immer sehr.
„Zuerst einmal ist es wichtig, das Lehrkräfte ihre Scheu vor informatischen Inhalten und Werkzeugen ablegen. Der Einstieg in informatische Grundlagen fällt leichter, wenn spielerische und praktische (Programmier-)Übungen Teil des Unterrichts sind.“
Habt ihr Tipps, wie Lehrkräfte ihr neu gewonnenes Informatik-Wissen direkt in der Praxis umsetzen können?
Tom: Zuerst einmal ist es wichtig, das Lehrkräfte ihre Scheu vor informatischen Inhalten und Werkzeugen ablegen. Der Einstieg in informatische Grundlagen fällt leichter, wenn spielerische und praktische (Programmier-)Übungen Teil des Unterrichts sind. Als Beispiel programmieren die SchülerInnen in einer unserer Unterrichtseinheiten zum Thema Codierung in der Informatik einen Scratch Anwendung, in der sie Binärzahlen in Dezimalzahlen umrechnen können. Das macht den SchülerInnen und auch den Lehrkräften mehr Spaß als die bloße Umrechnung auf einem Arbeitsblatt.
Der erste Schritt zur Praxis-Umsetzung ist in der Regel eine simple Frage des Mutes. Vor allem von fachfremden Lehrkräften bekommen wir oft das Feedback, dass sie sich durch unsere Unterrichtsunterlagen und Webinare extrem ermutigt fühlen, Informatik in ihren Klassen zu unterrichten. Das freut uns riesig und ermutigt uns jeden Tag aufs Neue.
Wenn man eure Unterrichtsmaterialien einsetzen möchte, was für Vorkenntnisse muss man mitbringen? Und ist eine bestimmte technische Ausstattung notwendig?
Tom: Auf der App Camps-Plattform gibt es mittlerweile ein breites Spektrum an Themen. Lehrkräfte ohne Vorkenntnisse werden bei uns genauso fündig, wie solche die Informatik studiert haben und seit Jahren Informatik unterrichten.
Das besondere an unserer Herangehensweise ist, dass wir für jedes Themengebiet umfangreiche Vorbereitungsmaterialien direkt auf der App Camps-Plattform bereitstellen. Darin enthalten sind Handouts für Lehrkräfte, mit allen Informationen zum jeweiligen Kurs auf einen Blick inklusive der technischen Anforderungen, Erklärvideos zu Programmieroberflächen, Lernkarten als Druckvorlagen und Musterlösungen für alle Text- und Programmieraufgaben und vieles mehr.
Grundsätzlich konzipieren wir unsere Unterrichtseinheiten so, dass technische Einstiegshürden niedrig sind. Das bedeutet, dass wir möglichst auf kostenfreie, DSVGO-konforme, browserbasierte Werkzeuge setzen, die ohne Installation und ohne Registrierung genutzt werden können. Das ist, wenn auch nicht immer, in den meisten Unterrichtseinheiten möglich.
Wir wissen, dass stabil funktionierende Online-Werkzeuge und Anwendungen, die einfach in der Handhabung sind, der Schlüssel für ein positives Lernerlebnis für Lehrkräfte und SchülerInnen sind. Deshalb sind wir im engen Austausch mit unseren NutzerInnen, die uns mit wertvollem Feedback aus dem Schulalltag und dem praktischen Einsatz unserer Unterrichtsmaterialien versorgen. Diese Informationen helfen uns ungemein die Qualität der App Camps-Plattform kontinuierlich hoch zu halten.
„Informatik umgibt uns im Privatleben rund um die Uhr. Manchmal offensichtlich, oft aber auch unsichtbar.“
Was könnt ihr Lehrkräften mit auf den Weg geben, die sich bisher noch gar nicht mit dem Thema Informatik auseinandergesetzt haben?
Tom: Informatik umgibt uns im Privatleben rund um die Uhr. Manchmal offensichtlich, oft aber auch unsichtbar. Online-Banking, E-Commerce, moderne Mobilitätskonzepte, Energieversorgung oder beim Sport. Die Liste der Beispiele lässt sich beliebig verlängern.
Die Schule hat die Aufgabe junge Menschen auf das Leben vorzubereiten. Da unser aller Leben immer digitaler wird, gehört auch die Informatik als Basiswissen in die Schulen. So unterschiedlich Informatik in vielen Lebensbereichen ihre Anwendung findet, so bunt und fächerübergreifend sollte sie auch ihren Weg in die Rahmenpläne der Schulen finden.
Auf der App Camps-Plattform finden sich vielfältige Idee, die die Vermittlung von informatischen Kompetenzen im fächerübergreifenden Einsatz ermöglichen. Würfel, RGB-Farbmischer, Pflanzenpflegestation, Stopp-Uhr oder Quiz sind einige Beispiele, die sich prima im Sachkunde-, Kunst-, Biologie-, Ethik- oder Sportunterricht einsetzen lassen.
Darüber hinaus ist die Lebensrealität vieler SchülerInnen oft digitaler als die von uns älteren Semestern, das versuchen wir in unseren Unterrichtsunterlagen zu berücksichtigen. Wenn sie sich mit aktuellen Social-Media-Phänomenen wie Fake-News im Unterricht auseinandersetzen, motiviert dass SchülerInnen, weil sie dieses Wissen direkt in ihrem Alltag anwenden können.
Abschließend hören wir immer wieder, dass viele Lehrkräfte Informatik als eine Chance erleben gemeinsam mit ihren SchülerInnen und auch von ihnen zu lernen. Der Mut sich auf ungewisses Terrain zu wagen, birgt also auch die Möglichkeit eine positive und partizipative Lernumgebung für alle Beteiligten zu schaffen.
Habt ihr sonst noch weitere Angebote und Programme, die für Lehrkräfte interessant sein könnten?
Anne: Seit November 2021 läuft ein ganz tolles Projekt – unsere Class Chats. Damit bringen wir Expertinnen und Experten aus der Digitalwirtschaft mit SchülerInnen aller Schularten für ein Live-Gespräch per Videokonferenz zusammen.
Damit möchten wir allen SchülerInnen verschiedene Karrierewege von Menschen in digitalen Berufen aufzeigen. In der Regel erzählen die Experten etwa 15min von ihrem spannenden Werdegang und die SchülerInnen stellen im Anschluss ihre Fragen. Das reicht von inhaltlichen Fragen wie Lieblings-Programmiersprachen bis hin zu Fragen nach Arbeitszeit, Work-Life-Balance, Homeoffice und Co. Das sind wirklich ganz tolle Begegnungen, die da stattfinden und wir hoffen damit, Schülerinnen und Schüler gleichermaßen zu inspirieren und für digitale Berufe zu begeistern.
Die Class Chats können in deutscher und englischer Sprache stattfinden und sind daher nicht nur für den Informatikunterricht interessant, sondern können fächerübergreifend eingesetzt werden. Das haben auch schon über 40 Lehrkräfte (Stand Februar 2022) in Anspruch genommen. Wir freuen uns sehr, über das rege Interesse und werden in diesem Jahr noch viele weitere Class Chats veranstalten. Unter diesem Link können sich Lehrkräfte bei Interesse direkt bei uns anmelden: https://appcamps.de/classchats-teilnahmeformular/.