Schüler arbeitet am Bildschirm und recherchiert am Handy

Foto von William Iven auf Unsplash

Corona: So einfach kann digitaler Wandel gelingen

Geschlossene Schulen, Unterricht via Videokonferenz und Arbeitsaufträge per Chatnachricht: Die Corona-Zeit hat den Unterricht an Schulen auf den Kopf gestellt. Eine tolle Chance, findet Maike Schubert, die Leiterin einer Leuchtturmschule in Hamburg.

Plötzlich musste alles ganz schnell gehen. In der einen Woche wurden Schulschließungen noch diskutiert und debattiert – in der nächsten mussten die Schülerinnen und Schüler in Hamburg schon zuhause bleiben. Die Winterhuder Reformschule reagierte sofort: „Innerhalb weniger Tage machte ein Team unserer Lehrkräfte die schulinterne Plattform fertig für den Launch. An einem letzten Präsenztag schulten wir die Lehrerinnen und Lehrer im Umgang mit den Funktionen – und dann ging es auch schon los“, erinnert sich Schulleiterin Maike Schubert.

Die Krise als Chance für digitalen Wandel

Pläne, digitale Tools, Geräte und Projekte in den Unterricht an der Reformschule zu integrieren habe es schon lange gegeben. Die Plattform war vorher vereinzelt in Lerngruppen getestet worden. Nun aber, blieb keine Zeit mehr für langes Zögern. Im Nachhinein sieht die 55-jährige Schulleiterin darin eine große Chance. Die Umsetzung der Pläne an der Schule sei durch die Krisensituation stark beschleunigt worden. „Binnen weniger Tage konnten wir unsere komplette Schule online abbilden. Und zwar so gut, dass wir auch andere Projekte, die wir für dieses Jahr geplant hatten, nebenher weiter voranbringen konnten. Als nächstes steht jetzt die 1:1 Ausstattung mit Tablets an.“

Fast alle Lernenden erreicht

Lehrer und Medienkoordinator der Schule, Jens Schopper, hat in diesem Prozess vor allem die Leichtigkeit überrascht, mit der alle aus dem Kollegium das digitale Arbeiten erlernten. Und auch, wie schnell und gut fast alle Schülerinnen und Schüler erreicht werden konnten. Durch Sachspenden konnten auch Lernende ohne technische Endgeräte mit Laptops oder Tablets versorgt werden. Lediglich schlechte Internetverbindungen seien manchmal herausfordernd gewesen, berichtet der 42-jährige Lehrer. Und ein paar wenige Eltern, die ihren Kindern den Zugang zu digitalen Medien komplett verwehrten. Diese Lernenden habe man nur schwer erreichen können.

Offenes Arbeiten, Selbstverantwortung und selbstgesteuertes Lernen waren auch vor der Krise schon wichtige Themen an der Reformschule. Deswegen, so Schopper, habe man einige Probleme nicht erlebt, die andere Schulen hatten. Sorgen gemacht haben ihm damals aber die starken Veränderungen im Alltag der Schülerinnen und Schüler: „Wir mussten uns alle in eine ganz unbekannte Situation begeben. Für manche Familien kann das sehr belastend sein. Die komplette Tagesstruktur bricht zusammen, das ist eine große Herausforderung.“

Druck aus dem Unterricht nehmen

Deswegen nahmen er und seine Kolleg*innen Druck aus dem Unterricht. Sie legten den Fokus auf lernfördernde und sinnvolle Inhalte, die auch Spaß machen. In regelmäßigen Planungsgesprächen mit den Schülern und Schülerinnen konnten die betreuenden Lehrkräfte außerdem Schullizenz auf deren Herausforderungen eingehen.

Die Idee hinter vielen gestellten Aufgaben sei es gewesen, die Lernenden zuhause zu fordern, kreativ werden zu lassen und Strukturen und Ideen für den Familienalltag mitzugeben. Auf Twitter suchte sich Schopper dafür Anregungen – unter anderem für diese Toilettenchallenge:

Die Schüler*innen 5–7M der @stswir haben Toilettenmonster kreiert und es sind sooo lustige Gestalten dabei! Aber schaut selbst:https://t.co/vdfuZCe2GN

Großer Dank an @Bingenberger für diese schöne Idee.#coronaschooling #flippedalltag #twitterlehrerzimmer #stswir

— Jens Schopper (@je_schop) April 15, 2020

Hier ging es nicht nur um die offensichtlich sehr kreative Gestaltung der Toilette, sondern auch um eine Einführung des Tools sway zur Präsentation.

Selbst die jüngsten Schülerinnen und Schüler ihrer Schule seien toll mit den digitalen Tools zurechtgekommen, so Schulleiterin Schubert. „Auch die Fünf- bis Zehnjährigen arbeiteten nach kurzer Zeit sicher und entspannt in Videokonferenzen zusammen, präsentierten und diskutierten.“

Wi*R gehen nach 3,5 Monaten #digifernunterricht mit unglaublichen Zahlen in die Ferien. #Kommunikation, #Lernen und #Gemeinschaft in über einer halben Million Chatnachrichten und fast 40000 Videokonferenzen. Schüler*innen, Lehrer*innen und Eltern, erholt euch gut! #twlz pic.twitter.com/dRFFgbd16q

— Winterhuder Reformschule (@stswir) June 26, 2020

Schulleiterin Schubert ist stolz auf diese Zahlen – trotz räumlicher Distanz hat viel Kommunikation stattgefunden. Innerhalb der schulinternen Plattform war es für die Schülerinnen und Schüler auch möglich, eigene Chatgruppen zu gründen. „So können die Lernenden zusammen in einen Raum gehen und dort zusammenarbeiten oder vorbereiten – so wie in der Schule auch“, sagt Schopper. Schlechte Erfahrungen habe man damit keine gemacht. Nur einmal hätte eine Gruppe von Schülern und Schülerinnen einen unangemessenen Gruppennamen verwendet.

Bei einigen Schülern und Schülerinnen hat Schopper durch das digitale Arbeiten eine eindrucksvolle Verbesserung erlebt. „Manche können ganz frei viel besser arbeiten. Mit einem Gerät, das ihnen den Zugriff auf digitale Ressourcen ermöglicht,“ berichtet der Medienkoordinator. Auch Planungsgespräche seien im Videochat meist entspannter und persönlicher, als wenn sie im Schulalltag im Klassenraum stattfänden. In Zukunft, meint Schopper, sollte man Präsenzunterricht vielleicht nicht mehr so absolut denken.

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