Jährlich findet Ende August in Köln die Gamescom statt, die weltweit größte Messe für Computer- und Videospiele. Julian Ruckdäschel ist Lehrer und Dozent bei fobizz. Er besucht die Messe um Anregungen für den Unterricht zu sammeln – und um der Jugendkultur hautnah zu begegnen. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, warum sich ein Besuch der Gamescom auch für Lehrkräfte lohnt.
fobizz: Julian, du warst letze Woche auf der Gamescom in Köln, zusammen mit rund 370.000 anderen Interessierten. Die Messe wird seit Jahren gut besucht, aber was gibt es denn eigentlich bei der Gamescom zu sehen?
Julian Ruckdäschel: Bei der Gamescom kann man alles rund um Games erfahren. Dabei geht es natürlich viel um digitale Spiele, aber auch um die Kultur dahinter, Auswirkungen von Spielen auf die Gesellschaft und zum Beispiel darum, Online-Freunde mal im realen Leben zu treffen.
Das klingt so, als seien auf der Gamescom viele Gamer*innen und Spieleexpert*innen unterwegs. Seit wann besuchst du die Messe und hast du auch schonmal andere Lehrer oder Lehrerinnen dort getroffen?
Ich bin das zweite mal auf der Messe und finde das ist ein super Ort, um sich zu vernetzen. Neben der Messe gibt es auch einen Gamescom Congress, bei dem extra Workshops für Lehrer angeboten werden. Das wurde von der @gmknet organisiert. Daneben gibt es aber auch einen extra Slot zum Thema Games und Lernen. Hier trifft man natürlich viele Lehrer und Medienpädagogen.
In den großen Hallen beim Spielen hab ich noch keine Lehrer entdeckt. Da diese aber selten extra gekennzeichnet werden, ist das bei mehreren zehntausend Besuchern wohl auch kein Wunder.
„Dieses Element der Jugendkultur hautnah kennen zu lernen ist so geballt schon etwas Besonderes.“
Warum lohnt sich ein Besuch der Gamescom für Lehrkräfte deiner Meinung nach?
Speziell der Congress ist natürlich auf fachlicher Ebene ein toller Austauschort für Lehrkräfte. Mit Gamification, Game Based Learning oder Gaming und Elternarbeit wurden hier tolle Themen für Schule und Unterricht besprochen. Aber auch die Gamescom selbst sollte man mal erlebt haben. Dieses Element der Jugendkultur hautnah kennen zu lernen ist so geballt schon etwas Besonderes. Was sich z.B. Cosplayer alles einfallen lassen, um sich wie ihre Videospielhelden zu verkleiden, ist sehr beeindruckend.
Welche Veranstaltung hat dich besonders beeindruckt?
Beim Congress gab es einen Workshop mit den Entwicklern von „Path Out“. Das Spiel finde ich klasse. Es geht hier um einen Flüchtenden, der aus Syrien entkommen muss. Dabei ist der Flüchtende gleichzeitig ein Entwickler des Spiels und beschwert sich über Videoeinblendungen z.B. dass man ihn umgebracht hat, oder warum auf der Straße klischeehaft ein Kamel steht. Der Workshop hat bei mir viele Ideen angestoßen, wie man Gaming noch mehr im Unterricht einsetzen kann. Zum Beispiel ein Lets Play als Lernprodukt über Serious Games von Schülern erstellen zu lassen.
Wirst du manches von dem, was du auf der Gamescom gesehen, gelernt oder erlebt hast, in deinen Unterricht einbinden?
Natürlich bekommt man hier kein fertiges Unterrichtsmaterial, das man nur noch in der Klasse austeilt. Aber durch diese 3 Tage bekomme ich so viel Input, dass ich die nächsten 10 Jahre ununterbrochen Ideen umsetzen möchte. Da das nicht machbar ist, geht es wohl eher darum auszusortieren und zu priorisieren. Die Frage sollte also schon fast sein, was binde ich nicht in den Unterricht ein. Was auf meiner Prioritätenliste oben steht ist mit Sicherheit Quest-based-Learning.
Quest-based Learning
Beim Quest-basierten Lernen wird für Lerninhalte und Arbeitsaufträge ein größerer Sinnzusammenhang erzeugt. Wie in Videospielen erhalten die Spieler, hier Schüler eine Mission, oder ein Problem, das sie lösen sollen. Indem sie nacheinander einzelne Quests bearbeiten, können sie die Mission erfüllen. Hier findest du einige Beispiele für die Anwendung im Unterricht: https://www.instituteofplay.org/quest-school
Wünschst du dir eine eigene Messe zu Gamification in der Bildung? Oder siehst du auch Vorteile darin, bei der Gamescom dem Thema in einem größeren Rahmen zu begegnen?
Die Gamescom bietet auch mit dem Congress schon einen guten Anknüpfungspunkt für interessierte Pädagogen. Dass das in so ein großes Event eingebettet ist finde durchwegs positiv, da ich so viel besser über den Tellerrand schauen kann und auch mal mit Spielentwicklern und Herstellern ins Gespräch komme. Außerdem bin ich der Meinung, dass wir von Ihnen viel über Psychologie, Soziologie, Motivation und User Experience lernen können.
Für Pädagogen wäre es in meinen Augen noch super, ein Barcamp mit dem Thema Gameducation besuchen zu können. Das kann man also mit Sicherheit noch anbieten. Ich glaube, du hast mich auf eine Idee gebracht…
Julian Ruckdäschel ist ausgebildeter IT-Lehrer, Medienpädagoge und Referent für Digitale Bildung. Sein Ziel ist es, digitale Bildung für Schüler und Pädagogen begreifbar zu machen. Sein Themenspektrum reicht von Microsoft Office und H5P über iPad Nutzung hin zu Gamification und Gamedesign.
Auf fobizz sind von Julian Ruckdäschel aktuell folgende Fortbildungen verfügbar:
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